Page 19 - BDL Jahresbericht 2016
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dass dabei wirklich kein bereich ausgenommen wird, zeigte ein vortrag über die „landwirtschaft 4.0“ auf der internet- Konferenz re:publica 2016, dem Treffen der digitalen Eli- te in berlin. dort beschrieb ein Referent, wie mithilfe von sensoren, gPs, satellitenbildauswertung und smartphone der landwirt im sinne des „digital farming“ ef zienter und effektiver seine aussaat, düngung und Ernte steuern kann.
Neues Zeitalter wir  Fragen auf
Es verwundert daher nicht, dass der digitalen Transforma- tion der deutschen Wirtschaft eine schlüsselrolle für die zukunftsfähigkeit der Wirtschaft zugeschrieben wird. der deutsche bundestag formulierte 2015 das ziel, deutsch- land zum internationalen leitmarkt und führenden an- bieter in diesem bereich zu machen. das neue zeitalter wirft zahlreiche fragen auf, rechtliche fragen nach da- tensicherheit, urheberrechts- und haftungsfragen, nach der förderung von forschung und Entwicklung, nach der gestaltung der neuen arbeitswelten, nach einer verände- rung der unternehmenskultur in vielen firmen etc. „alles wichtige aspekte, jedoch wird ein entscheidender Punkt dabei eher stiefmütterlich behandelt: Wer kann die digita- le umgestaltung der Wirtschaft  nanzieren?“, merkt bdl- hauptgeschäftsführer horst fittler kritisch an.
Investitionsbedarf bis 2020 jährlich 40 Mrd. Euro
denn um den Wandel zu vollziehen, sind immense investi- tionen u.a. in die digitalisierung von Produktentwicklung und Engineering sowie in die automatisierung der ferti- gung notwendig. in der bereits erwähnten Pwc-studie „industrie 4.0 – chancen und herausforderungen der vierten industriellen Revolution“ schätzen Experten bis 2020 einen jährlichen investitionsbedarf von rund 40 mrd. Euro – allein für industrieunternehmen. die finanzierung dieser investitionen erweist sich jedoch als hemmschuh. der verband der deutschen maschinen- und anlagenbau- er (vdma) ermittelte in seiner „industrie 4.0 Readiness- studie“, dass etwa zwei von drei unternehmen mangeln- de finanzkraft oder fehlende finanzierungslösungen als hürde nennen, industrie 4.0-Projekte zu beginnen oder voranzutreiben. „aufgrund der steigenden Komplexität von fortschreitenden industrie 4.0-Projekten geben 63,4 Pro- zent der Pioniere an, dass sie die fehlende finanzkraft zur durchführung von investitionen daran hindert, das Thema weiter voranzutreiben. damit liegt die finanzierungsfrage
als hemmnis bei Pionieren vor den forderungen nach ein- heitlichen standards, der iT-security oder der Klärung von Rechtsfragen“, heißt es in der studie (dr. Karl lichtblau et al: indusTRiE 4.0-REadinEss, gefördert von der imPuls- stiftung des vdma, Oktober 2015).
Finanzierung ist Hemmnis
die klassischen finanzierungsinstrumente tun sich schwer bei diesem Thema. dies liegt einerseits an der art der in- vestition – Was soll  nanziert werden - und andererseits an den zu  nanzierenden unternehmen – WER fragt nach der finanzierung. der investitionsbegriff be ndet sich im Wan- del: Es geht nicht mehr ausschließlich um den maschinen- bauer, der eine moderne anlage  nanzieren will. verstärkt sind unternehmensprozesse im fokus, immaterielle Werte wie software und Patente gewinnen an bedeutung.
basierend auf der digitalisierung entstehen disruptive ge- schäftsmodelle – musik und filme werden gestreamt – auf geräten, die in die hosentasche passen, gesteuert über apps. „heute geborene Kinder werden cds und dvds nur noch aus dem technischen museum kennen. gleiches könn- te theoretisch für die Werkzeugkiste gelten: denn wenn in nicht mehr allzu ferner zukunft ein handwerker auf der baustelle ein paar schrauben oder ein Werkzeug benötigt, braucht er nicht mehr in seiner Kiste zu wühlen, sondern kann mit seinem 3d-drucker online gehen. Er zieht sich die zeichnung der passenden schraube oder des Werkzeugs aus dem netz und druckt sie sich aus“, entwirft fittler ein zukunftsbild. dass sich der drucker für den handwerker rechnet, hält er allerdings nicht für sehr wahrscheinlich. Realistischer ist der Einsatz des sogenannten additiven fer- tigungsverfahrens, also des 3d-drucks, in weniger alltägli- chem umfeld. in der medizintechnik werden bereits heute 3d-drucker eingesetzt, z. b. in der hirnchirurgie, wo der chi- rurg genau auf die hirnstruktur des Patienten angepasste hilfsmittel für schwierige Eingriffe benötigt. auch stents, dentalkronen und brücken, Prothesen oder nachbildungen von Organen, an denen Ärzte den Eingriff „üben“ können, sind nichts ungewöhnliches mehr.
Entwickelt und getestet werden neue Produkte bereits auf virtuellen Plattformen, fahrzeuge steuern sich autonom, Te- lematikdienste helfen, flotten zu optimieren, selbstlernende software verbessert Produktionsprozesse, maschinen rufen von sich aus den servicetechniker an, der ingenieur über- wacht und steuert über sein smartphone die Produktion. dies alles ist über industrie 4.0 möglich und wird in (Pilot) Projekten bereits getestet.
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