Page 20 - BDL Jahresbericht 2016
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18 im fokus
Jahresbericht 2016
Wandel des Investitionsbegriffs
dreh- und angelpunkt sind dabei innovative software und apps sowie mobile anwendungen, die von kreativen start- ups entwickelt werden. „die bisherige vertikale Wertschöp- fungskette vernetzt sich horizontal“, führt horst fittler aus. „bei der finanzierung muss daher die gesamte Wertschöp- fungskette bewertet werden, nicht nur der Projektträger.“ und die Partner einer Prozessinnovation verfügen über un- terschiedliche finanzierungsmöglichkeiten, was es für her- kömmliche finanzierungen schwierig macht. investitionen in industrie 4.0-Projekte stellen daher für finanzinstitute eine herausforderung dar.
Neue Finanzierungsmodelle
hier kommt nun die leasing-Wirtschaft ins spiel: in den leasing-unternehmen arbeiten finanzexperten mit bran- chen- und Technik-Know-how, darunter z.b. ingenieure und iTK-spezialisten. diese fachleute können Prozesse bewerten und  exible passende finanzierungslösungen konzipieren. „denn mit den neuen geschäftsmodellen gehen auch neue finanzierungsmodelle einher“, weiß der bdl-hauptgeschäftsführer und veranschaulicht dies an einem beispiel: „in vielen fertigungsunternehmen fehlt das spezialwissen über hard- und softwarelösungen, die für das datenmanagement notwendig sind. spezialisierte leasing-unternehmen bieten die finanzierung in der cloud an: software wird dem Kunden in der cloud zur verfügung gestellt, er muss sie nicht mehr im unternehmen physisch installieren. andere modelle sehen ‚pay per save‘ vor.“ leasing sei eine wesentliche säule der unternehmens - nanzierung und im maschinen- und anlagenbau fest ver- wurzelt, wenn es um die Realisierung von investitionen geht, und „bietet die chance, das Potenzial von industrie 4.0 in den unternehmen zu heben“, erklärt die abtei- lungsleiterin betriebswirtschaft des vdma, bianca illner (siehe auch gastkommentar „industrie 4.0 bedeutet Wandel“ auf seite 22).
Erfolgreich hat ein bdl-mitgliedsunternehmen für die Pro- duktion des leiterrahmens für den vW amarok bei gestamp umformtechnik gmbh in Kooperation mit der KuKa Robo- ter gmbh ein modell für industrieroboter und automatisie- rungssysteme nach dem Prinzip des „Pay on Production“ entwickelt. dadurch wird gestamp umformtechnik in die lage versetzt, die eigenen investitionen in Einklang mit den geplanten auftragserträgen zu bringen. der mietstrom orientiert sich dabei direkt an der Produktionsleistung bei
gestamp umformtechnik – ein ansatz, der über den reinen technischen vertrieb hinaus eine gesamtheitliche sicht auf das Projekt leiterrahmen bietet. durch die bewertung der gesamten anlage im hinblick auf Einsatzalternativen und modernisierungsmöglichkeiten im anschluss an den ersten Produktionszyklus und deren Einbindung in die mietstruktur steigert gestamp umformtechnik unter dem strich seine Er- tragschancen aus dem Projekt.
Ein anderes modell ermöglicht die finanzierung der inves- tition durch steigerung der Ef zienz. so  nanziert sich bei johnen-druck gmbh & co. Kg der Prozess quasi selbst. an- hand der Produktionskennzahlen der vergangenen drei Jahre wurde nachgewiesen, dass mithilfe der Ersatz- und Erwei- terungsinvestitionen in hochmoderne drucktechnik eine außerordentlich hohe Kapazitätssteigerung erreicht werden kann. die überproportionale steigerung der Produktivität führt zu einer Reduzierung der Produktionskosten und stellt damit die finanzierung der investitionen sicher. darüber hin- aus stehen weitere Kapazitätsreserven von rund 20 Prozent für den Online-druck zur verfügung.
Leasing-Gesellscha en mit Objekt- und Prozess-Know-how
um diese finanzierungsmodelle anbieten zu können, ist das Know-how des Produktionsprozesses unabdingbar. leasing- gesellschaften sind spezialisiert auf die von ihnen  nanzier- ten branchen und anlagen und pro tieren von ihrer nicht selten jahrzehntelangen Erfahrung. „Über diese Expertise verfügen andere finanzierer nicht“, erklärt fittler.
Wie schwierig die finanzierung digitaler investitionen ge- rade auch für kleinere unternehmen ist, zeigt ein Projekt am institut für integrierte Produktion hannover. dort wird wissenschaftlich untersucht, welche betreibermodelle 3d-drucker auch für kleinere unternehmen nutzbar wer- den. also modelle, bei denen 3d-drucker nicht an den Kunden verkauft, sondern für einen bestimmten zeitrah- men zu vereinbarten Konditionen zur verfügung gestellt werden. das Projekt läuft noch bis 2017. diskutiert wer- den u.a. vergütungsarten, die von den produzierten Ein- heiten oder von der verfügbarkeit abhängig sind, sowie die sich daraus ergebenden Risiken für anbieter und nachfrager: sicherheit der verfügbarkeit, der Qualität der Produkte, marktrisiko etc. die Übernahme bestimmter Risiken durch den anbieter muss durch höheres Entgelt bezahlt werden. im gegenzug ist die Entschädigung beim ausfall des druckers denkbar. „leasing ist ein klassisches betreibermodell“, erläutert fittler.


































































































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