Page 44 - BDL Jahresbericht 2015
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42 Leasing-Markt und Umfeld
Bilanzierung
LEASE-ACCOUNTING-REFORM: SIND DIE STANDARDSETZER JETZT AM ZIEL?
Infolge des berech- tigten Gegenwindes
aus der Fachwelt waren IASB und FASB gezwun- gen, viele Kompromisse einzugehen und wieder- holt konzeptionelle Brü- che hinzunehmen. Von einem in sich geschlos- senen System kann jetzt keine Rede mehr sein. Es ist unverständlich, dass die Boards trotz aller Kritik so beharrlich am Grundprinzip der Right-of-Use-Bilanzie- rung festhalten.
Heinz-Hermann Hellen, Vorsitzender der BDL-Arbeitsgruppe Internationale Rechnungslegung
Bereits Mitte 2006 haben das International Accounting Standards Board (IASB) und sein US-amerikanisches Pendant, das Financial Accounting Standards Board (FASB), ein ge- meinsames Projekt zur Reform der interna- tionalen Leasing-Bilanzierung aus der Taufe gehoben. Jetzt scheint das Vorhaben auf die Zielgerade einzubiegen: Die inhaltlichen Fest- legungen sind im Wesentlichen getroffen und die Boards haben noch für 2015 die Veröf- fentlichung des  nalen Standards angekün- digt – Zeit für eine Standortbestimmung.
Kern des Reformvorhabens ist die sogenannte Right-of-Use-Bilanzierung. Nach diesem Kon- zept sollen zukünftig grundsätzlich alle Miet- und Leasing-Geschäfte mit ihren Nutzungs- rechten und Verp ichtungen in der Bilanz des Leasing-Nehmers erfasst werden. Bislang bi- lanziert der Leasing-Nehmer demgegenüber nur, wenn er praktisch alle mit dem Leasing- Objekt verbundenen Chancen und Risiken trägt. Man spricht dann von Finance Leases, bei denen der Finanzierungseffekt im Vorder- grund steht. Operating Leases, bei denen der Nutzungsüberlassungs-Charakter dominiert, werden demgegenüber wie andere Dienst- leistungen auch als schwebende Geschäfte behandelt. Die Bilanz des Leasing-Nehmers bleibt unberührt. Der laufende Aufwand wird in der Gewinn- und Verlust-Rechnung erfasst, ergänzt um Angaben zur Höhe der Gesamt- verp ichtungen im Anhang.
Über einen Kamm geschoren
Im Zuge der praktischen Umsetzung der Right-of-Use-Bilanzierung traten zentrale
Schwachpunkte des Konzepts zutage: Zum einen werden nach dem Prinzip „one size fits all“ sämtliche vom Leasing- Standard erfassten Transaktionen – trotz zum Teil fundamentaler Unterschiede im wirtschaftlichen Gehalt – bilanziell über einen Kamm geschoren. Zum anderen ist es äußerst komplex und aufwendig, die Nutzungsrechte und Verpflichtungen adäquat zu bewerten und im Zeitablauf fortzuschreiben. Diese Defizite haben den Boards im Verlauf des Projekts viel Kritik eingetragen. „Infolge des berechtigten Ge- genwindes aus der Fachwelt waren IASB und FASB gezwungen, viele Kompromisse einzugehen und wiederholt konzeptionelle Brüche hinzunehmen. Von einem in sich geschlossenen System kann jetzt keine Rede mehr sein“, erklärt Heinz-Hermann Hellen, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Internationale Rechnungslegung des BDL. „Es ist unverständlich, dass die Boards trotz aller Kritik so beharrlich am Grund- prinzip der Right-of-Use-Bilanzierung fest- halten.“
Die Zweifel an dem Reformvorhaben wer- den umso deutlicher, wenn man das Ergeb- nis an den Zielen misst, mit denen IASB und FASB vor neun Jahren angetreten sind:
Konsistenz der Leasing-Bilanzierung: Die Boards wollten mit ihrem Konzept einer vereinheitlichten Bilanzierung aller Leases die aus ihrer Sicht uneinheitliche und in- konsistente Klassifizierung von Operating und Finance Leases überwinden und bilan- zielle Gestaltungsspielräume reduzieren.
Jahresbericht 2015


































































































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