Rückblick auf das 3. Forum Nachhaltigkeit: ESG als Chance, nicht nur als Pflicht

Branche im Gespräch: Nachhaltigkeit braucht gemeinsame Antworten

Der EUREF-Campus in Berlin bot die passende Kulisse für das dritte Forum Nachhaltigkeit des BDL am 2. Juli 2025. Wo sonst Zukunftsmodelle für smarte Städte, erneuerbare Energien und neue Mobilität erlebbar sind, diskutierten rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Herausforderungen und Chancen von Nachhaltigkeit für die Leasing-Branche.

ESG ist kein Randthema – Leasing braucht verlässliche Rahmenbedingungen

BDL-Hauptgeschäftsführerin Dr. Claudia Conen eröffnete das Forum und betonte die Bedeutung von ESG für die Leasing-Branche – nicht nur als regulatorische Pflicht, sondern als Zukunftsthema. Trotz politischer Unsicherheit rund um das EU-Omnibus-Paket und potenzieller Einschränkungen der Berichtspflicht sei Nachhaltigkeit nicht vom Tisch. Im Gegenteil: ESG ist längst in der Aufsichtspraxis verankert, insbesondere durch die MaRisk. Leasing-Gesellschaften müssen Risiken aktiv steuern. Die BaFin fordere das ein, und auch die Banken stellen wachsende Anforderungen, insbesondere bei der Refinanzierung. 
Conen hob hervor, dass erste Unternehmen der Branche freiwillig berichten. Zudem beteilige sich der BDL aktiv an der Entwicklung des DNK-Umsetzungstools für verschiedene Unternehmensgrößen, von VSME bis CSRD und bringt den Leasing-Fokus ein. Sie machte zudem deutlich, welches Potenzial ESG bietet: von Finanzierungsvorteilen über neue Kundenzugänge bis hin zur Zukunftssicherung des Geschäftsmodells. Gerade bei nachhaltiger Mobilität, erneuerbaren Energien und in der Kreislaufwirtschaft könne Leasing seine Stärken ausspielen. Dafür brauche es jedoch verlässliche Rahmenbedingungen, wofür sich der BDL in Berlin und Brüssel mit Nachdruck einsetzt.
 

Vom Pflichtprogramm zur Haltung – wie JobRad ESG im Unternehmen verankert

Alexander Wiedenbach, BDL-Vorstand und Geschäftsführer von JobRad Leasing GmbH, knüpfte in seiner Begrüßung an die Dynamik der vergangenen Jahre an und betonte, dass ESG für die Leasing-Branche mehr sein sollte als ein regulatorisches Pflichtprogramm. Es sei eine Chance, Geschäftsmodelle, Prozesse und Partnerschaften neu zu denken. Bei JobRad sei ESG fest in der Unternehmenssteuerung verankert, etwa durch ein eigenes Nachhaltigkeitsgremium und klare Vorgaben im Risikomanagement.

Wiedenbach erläuterte, dass ESG auch Einfluss auf die Leasing-Vergabe hat: Heute zählten nicht nur Bonität und Ausstattung, sondern auch Klimarisiken und soziale Standards der Vertragspartner. Nachhaltigkeit werde so zunehmend zu einem Vertrauens- und Qualitätsfaktor. Leasing könne zum Enabler der Transformation werden, weil es Investitionen in nachhaltige Technologien ermögliche. Dafür brauche es mehr als Regularien, vielmehr eine Haltung, den Dialog in der Branche und gemeinsame Standards. Veranstaltungen wie das Forum seien ein wichtiger Ort dafür. Sein Appell: Perfektion sei nicht nötig, aber die Bereitschaft, sich gemeinsam weiterzuentwickeln.

„Sustainable Finance ist gekommen, um zu bleiben“

Die anschließende Keynote von Prof. Dr. Christian Klein, Professor für Sustainable Finance an der Universität Kassel, weitete den Blick. Nachhaltigkeit sei kein Modethema, sondern eine Notwendigkeit, so Klein. Und: „Sustainable Finance ist gekommen, um zu bleiben.“ Transitorische und physische Risiken nähmen zu, besonders dann, wenn globale Klimaschutzanstrengungen nachließen. Eine Erkenntnis für die Teilnehmenden war die Aussage von Klein, dass ein globaler Rückzug nicht zu sehen sei. Länder wie China investierten massiv in erneuerbare Energien und setzten zunehmend eigene Offenlegungspflichten um, die sich an europäischen Standards orientieren. 

Unternehmen riet er, Nachhaltigkeitsrisiken früh in Entscheidungen zu integrieren, um Risiken zu reduzieren und Chancen zu nutzen. Vor allem in der Kreislaufwirtschaft eröffne sich wirtschaftliches Potenzial für die Leasing-Branche. Kleins Fazit lautete abschließend: Nachhaltigkeit rechnet sich.
 

Von Schwerlast bis CO₂-Bilanz – Praxiswissen in drei vertiefenden Sessions

Vertieft wurden die Themen in drei Breakout-Sessions: 

Über die effektive CO2-Steuerung für ESG-Berichterstattung und ESG-Risikomanagement sprachen Jakob Koch und Alexey Kaminskiy, zeb.rolfes.schierenbeck.associates gmbh.

Dekarbonisierung des Mittelstands: Eine Orientierungshilfe zur Planung der Transition erläuterten Dominik Horn vom KMU Unternehmensnetzwerk Klimaschutz und Mica Valdivia vom Bundesverband Öffentlicher Banken. 

Über Nachhaltigkeit im Schwerlasttransport referierten Mel Goering und Christian Kürschner, Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena). 

ESG als Teil der Aufsicht – was auf Institute zukommt

Wie sehr ESG auch auf Ebene der Aufsicht an Bedeutung gewinnt, zeigte Olga Wittchen von der Deutschen Bundesbank. Sie gab einen Überblick über die ESG-Vorgaben im Baseler und EU-Rahmenwerk und die Rolle von ESG in der Nachhaltigkeitsberichterstattung aus der Perspektive der Bundesbank. Auch das Omnibus-Paket und die neuen Offenlegungspflichten der EBA wurden thematisiert. Wittchen machte deutlich, dass ESG-Daten zunehmend auch in die Steuerung der Institute einfließen werden, insbesondere im Rahmen von Säule 2.

Biodiversität rückt in den Fokus der Unternehmensführung

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Biodiversität steckt bei vielen Unternehmen noch in den Anfängen. Wo das Thema berücksichtigt wird, geschieht dies meist im Zusammenhang mit regulatorischen oder rechtlichen Risiken. Eine aktive Steuerung oder strategische Verankerung findet bislang kaum statt.

Vor diesem Hintergrund haben das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) und der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) eine gemeinsame Handreichung zum Biodiversitätsmanagement für Aufsichtsräte veröffentlicht. Ziel ist es, Verantwortlichen in der Unternehmensaufsicht praxisnahe Orientierung zu geben, um Biodiversitätsaspekte wirksam in die Unternehmensführung und Berichterstattung zu integrieren.

Georg Lanfermann, Präsident des DRSC, legte dar, welche Verantwortung die Geschäftsführung beim Biodiversitätsmanagement trägt und welche regulatorischen Anforderungen auf Unternehmen zukommen. Daneben stehen Unternehmen vor strategischen Fragen: Wie wirkt sich der Verlust von Biodiversität auf das Geschäftsmodell, Standorte und Lieferketten aus?

Sein Fazit: Biodiversität gehört auf die Agenda der Unternehmensführung, nicht nur als Compliance‑Thema, sondern als Teil zukunftsfähiger Unternehmenssteuerung. Der DRSC bietet auch für den Einstieg ins Thema verschiedene Publikationen an.

Daten mit Wirkung – ESG-Kennzahlen entscheiden über Kredite

Eine Herausforderung beim Thema Nachhaltigkeit im Finanzsektor ist häufig die Qualität von ESG-Daten. Michael Sindram, geschäftsführender Gesellschafter von OpenESG, gab einen Einblick in den aktuellen Stand der ESG-Datennutzung im Finanzsektor. Grundlage war der ESG-Daten Monitor 2024, eine Studie mit fast 150 beteiligten Finanzinstituten. Diese zeigt, dass der Umgang mit ESG-Daten vielerorts noch in den Anfängen steckt. Besonders bei KMU spielt Nachhaltigkeit bislang nur eine untergeordnete Rolle in den Kreditentscheidungen.

Das liegt laut Sindram vor allem an der geringen Qualität und der eingeschränkten Verfügbarkeit relevanter Daten. ESG-Faktoren werden im KMU-Segment daher meist nur als ergänzende Information herangezogen, nicht als hartes Entscheidungskriterium. Dennoch zeichne sich ein Wandel ab. Der Druck auf Unternehmen wächst, belastbare, standardisierte Informationen bereitzustellen. 

Sindram wies zudem darauf hin, dass sich negative ESG-Kennzahlen nachweislich auf die Ausfallwahrscheinlichkeit von Unternehmen auswirken können. Diese kann innerhalb von drei Jahren um bis zu 40 Prozent steigen. 
Für die Leasing-Branche bedeutet das: Wer heute in ESG-Datenqualität investiert, schafft Vertrauen bei Finanzierungspartnern, Investoren und Kunden. Und sichert sich damit morgen Wettbewerbsvorteile.
 

Podiumsdiskussion zur ESG-Datenpraxis

Die Rolle von ESG-Daten bei der Kreditentscheidung diskutierten anschließend Dr. Marijan Nemet (Deloitte, Foto links), Saskia Brüggemann (Deutsche Leasing, Mitte) und André Rolfes (GEFA Bank), moderiert von Susanne Wegner, BDL-Referatsleiterin Sustainable Finance. Wegner führte auch durch das Forum. Das Podium diskutierte, welche Rolle ESG-Themen bei der Prüfung von Leasing-Gesellschaften spielen und inwieweit Nachhaltigkeitsaspekte bereits in den Leasing-Vergabeprozess integriert sind. Im Mittelpunkt standen dabei die praktischen Ansätze zur Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei der Kreditwürdigkeitsprüfung sowie die Frage, wie sich Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren systematisch in die Bonitätsbeurteilung von Leasing-Nehmern einbinden lassen. Zudem wurden die Herausforderungen erörtert, die sich bei der Umsetzung in der Praxis ergeben, etwa durch fehlende Daten, unklare Bewertungskriterien oder unterschiedliche regulatorische Anforderungen.

Kreislaufwirtschaft als Geschäftsmodell – Leasing in der Verantwortung

Zum Abschluss des Veranstaltungstages stellte Philipp Glase von BearingPoint dar, wie Leasing-Unternehmen die Kreislaufwirtschaft als Geschäftsmodell nutzen können. Sie sei kein vorübergehender Trend, sondern der Schlüssel zu widerstandsfähigen Geschäftsmodellen in Zeiten von Ressourcenknappheit und wachsender Regulierung. Voraussetzung dafür sei ein Zusammenspiel aller Akteure – Hersteller, Leasing-Gesellschaften, Kunden und Politik.

 

Fazit: Leasing kann Wandel – was die Branche jetzt braucht

Die Leasing-Branche bringt Know-how, Verantwortung und Bereitschaft zum Wandel mit. Für den nächsten Schritt braucht sie verlässliche Rahmenbedingungen, Datenqualität und den kontinuierlichen Austausch. Das Forum Nachhaltigkeit bot dafür den richtigen Rahmen.

 
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