Mobilität weiterdenken – Chancen für die Leasing-Wirtschaft

Forum Mobilität des BDL zu Gast in der BMW Welt München

Wie sieht Mobilität in Zukunft aus – und welche Rolle spielt Leasing dabei? Diese Frage stand im Mittelpunkt des ersten Forums Mobilität des BDL am 15./16. Oktober 2025. Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Branche diskutierten in der BMW Welt München über technologische Trends, politische Rahmenbedingungen und neue Geschäftsmodelle für eine nachhaltige Mobilität.

Leasing in Bewegung – mehr als Finanzierung

„Leasing ist heute längst mehr als Pkw-Finanzierung“, erklärte Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des BDL, zur Eröffnung des Forums. „Unsere Branche bewegt alles – von Fahrrädern über Flotten, Busse, Schienenfahrzeuge bis hin zu Logistikdrohnen.“ Leasing senke die Einstiegshürden für Innovationen, biete Planungssicherheit und beschleunige den Markthochlauf neuer Technologien. Inzwischen sind rund 60 Prozent der Elektroautos in Deutschland geleast.

Doch die Transformation verlangt mehr. Zukunftsthemen wie Vehicle-to-Grid – also Elektrofahrzeuge als mobile Stromspeicher – könnten neue Geschäftsmodelle eröffnen. Denkbar sei, dass Leasing-Unternehmen künftig ganze Mobilitätsketten gestalten: vom Dienstrad über den Firmenwagen bis hin zu Sharing-Angeboten.

Mit Blick auf Brüssel warnte die Hauptgeschäftsführerin vor Fehlanreizen durch das geplante EU-Programm Clean Corporate Vehicles: „Wer Quoten für Leasing fordert, hat Leasing nicht verstanden.“ Denn nicht die Leasing-Gesellschaften bestimmten, welche Fahrzeuge angeschafft werden, sondern ihre Kunden. Statt Quoten brauche es mehr marktorientierte Anreize: bessere Ladeinfrastruktur auch im ländlichen Raum, faire Strompreise und verlässliche Förderbedingungen.

Social Leasing"-Diskussionen: Rahmenbedingungen anpassen

„Wir stehen bereit, soziale Mobilität mitzugestalten“, sagte Conen mit Blick auf die diskutierten Pläne eines sogenannten Social Leasing für einkommensschwache Haushalte. Die Politik müsse jedoch einige Rahmenbedingungen bei der Ausgestaltung einer Förderung beachten: So seien Leasing-Gesellschaften gesetzlich verpflichtet, die Bonität ihrer Kunden zu prüfen – auch bei Haushalten mit geringerem Einkommen, die von der Förderung profitieren sollen. „Zudem müssen praktische Fragen der Abwicklung gelöst werden.“ Die Prüfung von Einkommensgrenzen gehöre nicht zu den Aufgaben einer Leasing-Gesellschaft. Grundsätzlich dürfe der bürokratische Aufwand nicht zum Hindernis einer Förderung werden und dazu führen, dass staatliche Mittel verpuffen, anstatt bei der Zielgruppe anzukommen.

Mobilität im Umbruch

Wie stark sich die Branche verändert, zeigte der Gastgeber des Forums, Uwe Hildinger, Geschäftsführer der Alphabet Fuhrparkmanagement GmbH und Mitglied des BDL-Vorstands. „Leasing ist aus der modernen Mobilität nicht wegzudenken“, sagte er. In Unternehmensflotten sei Leasing längst Standard – häufig in Kombination mit Servicepaketen.

Doch die Branche stehe vor einer neuen Etappe: „Wir erleben den größten Umbruch in der Geschichte des Automobils“, so Hildinger. Mit den ersten Modellen der Neuen Klasse von BMW beginne eine neue Ära, führte er weiter aus. Der Elektro-SUV iX3 verspreche eine Reichweite von 800 Kilometern und schnelles Laden. Die Alltagstauglichkeit von Elektroautos erhöhe sich weiter. Er ermunterte zu mehr Selbstbewusstsein und verwies auf die deutsche Ingenieurskompetenz. 

Chancen durch Wandel – Deloitte zeigt Perspektiven

Die Marktdynamik analysierten Sebastian Pfeifle und Ingo Schmuckall von Deloitte. Sie betonten, dass sich Geschäftsmodelle im Mobilitätssektor tiefgreifend verändern. Mobility as a Service, flexible Nutzungskonzepte und digitale Plattformen gewinnen an Bedeutung.

Leasing-Gesellschaften müssten diesen Wandel aktiv begleiten und stärker auf Innovation, Flexibilität und Technologie setzen. Digitalisierung und Nachhaltigkeit seien keine Gegensätze, sondern Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit. Partnerschaften zwischen Finanzdienstleistern, Tech-Unternehmen und Energieversorgern würden zu entscheidenden Erfolgsfaktoren.

Künstliche Intelligenz als Wegbereiter

Wie Technologie Mobilität verändert, zeigte Robert Szilinski von der Esentri GmbH in seinem Vortrag AI in Motion. Mit digitalen Zwillingen und Künstlicher Intelligenz könnten Fahrzeuge, Fahrräder und Infrastruktur zu „denkenden“ Objekten werden. Er beschrieb eine Vision mit einem KI-Agenten-System: Intelligente Assets optimieren ihre Nutzung, organisieren Wartungen und vermarkten eigene Kapazitäten. 

Digitale Zwillinge bieten Potenziale für neue Umsatzquellen, neue Services und innovative Komplettangebote. Leasing-Unternehmen könnten hier Bindeglied sein, um die Technologien marktfähig zu machen. „Leasing kann vom Finanzprodukt zum digitalen Service-Ökosystem werden“, sagte Szilinski. Die technologische Reife werde zunehmend zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

Wissenschaftliche Perspektive: Mobilität als System

Prof. Dr.-Ing. Gebhard Wulfhorst, Leiter des Lehrstuhls für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung an der TU München, stellte Projekte aus dem "Zukunftscluster MCube – Münchner Cluster für die Zukunft der Mobilität in Metropolregionen" vor. Über 70 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung arbeiten dort an innovativen Mobilitätslösungen.

Wulfhorst betonte, dass Mobilität ganzheitlich gedacht werden müsse: ökologisch, sozial und wirtschaftlich. Besonders in urbanen Räumen sei der Wandel sichtbar. „Wir erleben keinen technischen, sondern einen gesellschaftlichen Wandel“, erklärte er. „Die Mobilitätswende ist nicht nur eine Antriebswende.“ Neueste Erhebungsdaten zeigten, dass nach Jahrzehnten kontinuierlichen Wachstums des motorisierten Individualverkehrs inzwischen ein Trendbruch zu beobachten sei. Der Anteil von Rad- und Fußverkehr nehme zu, insbesondere seit der Corona-Pandemie. Mehr Homeoffice, kürzere Wege und ein gestiegenes Bewusstsein für Nachhaltigkeit führten zu einer neuen Mobilitätskultur. 

Auch die Einstellung zu Eigentum verändere sich. Statt besitzen zu wollen, nutzten Menschen zunehmend gemeinsam – vom Auto bis zur Bohrmaschine. Darin liege großes Potenzial für quartiersbezogene Mobilitätskonzepte und neue Kooperationen zwischen Verwaltung, Wohnungswirtschaft und Mobilitätsanbietern. Leasing könne einen Beitrag leisten, neue Lösungen schnell und unbürokratisch umzusetzen.

Elektromobilität verändert den Markt

Wie stark die Antriebswende den Leasing-Markt beeinflusst, erläuterte Stefan Müller von BearingPoint. Anhand der Diffusionstheorie nach Everett M. Rogers zeigte er, wie sich Innovationen am Markt verbreiten. Die Zahlen belegten: E-Mobilität setzt sich zunehmend durch, doch die Konkurrenz wächst.

Elektromobilität führe zu neuen Wettbewerbern: von Fahrzeugherstellern, die ihre Modelle im Kreislauf halten wollen, bis zu Energieversorgern, die Strom und Mobilität bündeln. Gleichzeitig steige der Druck auf Leasing-Unternehmen, CO₂-Ziele zu erfüllen und Restwertrisiken zu managen. Müller appellierte: „Leasing-Gesellschaften müssen sich vom Finanzierer zum Mobilitätsgestalter entwickeln – mit neuen Partnern, neuen Rollen und digitalen Lösungen.“

Vom Finanzierer zum Gestalter? Diskussion über neue Rollen

Wird die Leasing-Branche vom Asset-Finanzierer zum aktiven Mobilitätsgestalter? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion. Auf dem Podium: Gerald Wiencke, Deutsche Anlagen-Leasing GmbH & Co KG, Alexander Wiedenbach, JobRad Leasing GmbH, Prof. Dr. Gebhard Wulfhorst und Uwe Hildinger. Die Moderation übernahm Dr. Kai Wohlfarth vom BDL.

Die Mobilitätsbranche steht vor einem Wandel und Leasing rückt dabei in eine Schlüsselrolle. Unternehmen und Politik suchen nach Lösungen, die urbane und ländliche Bedürfnisse gleichermaßen berücksichtigen.

Dienstradleasing und Mobilitätsbudgets prägen zunehmend die städtischen Strategien. Digitale Plattformen sollen verschiedene Verkehrsmittel bündeln und die Verwaltung vereinfachen. Unternehmen erwarten dabei mehr als klassische Finanzierung: Beratung, Elektromobilität und integrierte Fuhrparklösungen sind gefragt. Mobilität ist zum strategischen Faktor im Wettbewerb um Fachkräfte geworden.

Auch öffentliche Auftraggeber könnten stärker profitieren, wenn Leasing-Modelle in Förderprogramme einbezogen würden. Standardisierte und digitalisierte Prozesse könnten Effizienz und Transparenz erhöhen.

Fazit des Panels: Leasing ist längst mehr als Kapitalbereitstellung. Die Branche entwickelt sich zum aktiven Partner der Mobilitätswende, an der Schnittstelle von Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft.
 

 
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