Licht und Schatten im Koalitionsvertrag
Analyse der Steuerpolitik aus Sicht der Leasing-Wirtschaft
Die neue Bundesregierung macht bei der Steuerpolitik erste Schritte – ohne Steuererhöhungen, aber mit Kompromissen. Das Investitionssofortprogramm bringt Entlastung, etwa durch die neue degressive Abschreibung. Doch gerade bei der Förderung von E-Mobilität bleibt Leasing außen vor. Der BDL fordert Nachbesserungen. Bei der Unternehmensbesteuerung gibt es zwar Bewegung, aber keine echte Reform. Bürokratieabbau bleibt ein großes Versprechen und ein Prüfstein.
Kaum ein Thema hat den Bundestagswahlkampf so stark polarisiert wie die Steuer- und Finanzpolitik. Nach dem Scheitern der Ampelkoalition an den Haushaltsfragen prallten in den Wahlprogrammen der Parteien teils völlig gegensätzliche Positionen zum Umgang mit den Staatsfinanzen aufeinander. Der BDL hatte zusammen mit anderen Wirtschaftsverbänden frühzeitig auf die Bedeutung einer verbesserten internationalen Wettbewerbsfähigkeit und einer klaren Investitionsstrategie hingewiesen. Entsprechend groß war das Interesse am steuer- und finanzpolitischen Teil der Koalitionsverhandlungen.
Auch der am 5. Mai 2025 von CDU, CSU und SPD unterzeichnete Koalitionsvertrag macht die programmatischen Unterschiede sichtbar. Nach außen wurde bekannt, dass die Gespräche in der Schlussphase wegen umstrittener Forderungen nach Steuererhöhungen beinahe gescheitert wären. Die Vereinbarungen im Bereich Steuerpolitik verlangten daher von allen Seiten erhebliche Kompromissbereitschaft, was bei der Einordnung der Ergebnisse berücksichtigt werden muss. Über einen reinen Minimalkompromiss hinaus lassen sich aber auch positive Ansätze erkennen. Zu beachten ist allerdings, dass sämtliche Maßnahmen unter Finanzierungsvorbehalt stehen.
Förderung der E-Mobilität lässt Leasing außen vor
Ein ambivalentes Bild ergibt sich bei der Förderung der E-Mobilität, die ebenfalls mit dem Sofortprogramm verabschiedet wurde. Reine Elektrofahrzeuge (BEV), die bis Ende 2027 angeschafft werden, können im Rahmen einer gestaffelt degressiven AfA bereits mit 75 Prozent im Anschaffungsjahr abgeschrieben werden.
Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des BDL, begrüßt, dass sich die Maßnahmen zum Markthochlauf von Elektroautos auf gewerbliche Halter fokussieren. Das sei grundsätzlich der richtige Hebel, weil fast zwei Drittel der Neuzulassungen auf dieses Segment entfallen. Sie kriisiert jedoch, dass es keine ergänzenden Maßnahmen für Leasing gibt.

Die Sonderabschreibung hilft aber nicht in der Breite, da sie geleaste Fahrzeuge außen vor lässt. Rund 60 Prozent der neuzugelassenen Elektroautos werden inzwischen mittels Leasing angeschafft. Es ist unverständlich, dass die neue Bundesregierung gerade Leasing als die wichtigste Beschaffungsform bei der Förderung außer Betracht lässt. Hier muss dringend nachgebessert werden. Wir könnten uns zum Beispiel einen BEV-Faktor von 1,5 für den pauschalen Betriebsausgabenabzug von Leasing-Raten für Elektrofahrzeuge vorstellen. Über die ohnehin bestehenden Vorteile wie Planbarkeit, Absicherung von Restwertrisiken und effizientes Fuhrparkmanagement hinaus würde BEV-Leasing dadurch auch steuerlich noch attraktiver.
Dr. Claudia Conen, BDL-Hauptgeschäftsführerin
Keine tiefgreifende Unternehmenssteuerreform
Von einem „Einstieg in eine Unternehmenssteuerreform“, wie er in den Sondierungsgesprächen vereinbart worden war, ist im Koalitionsvertrag nicht mehr viel zu finden. Immerhin wird die vom BDL und anderen Wirtschaftsverbänden geforderte Absenkung der Unternehmenssteuerbelastung auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zumindest für Kapitalgesellschaften angegangen.

BDL-Geschäftsführer Dr. Martin Vosseler führt aus:
Die von der Koalition in Rekordzeit auf den Weg gebrachte Absenkung des Körperschaftsteuersatzes ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Das stufenweise Vorgehen und der auf 2028 aufgeschobene Beginn lassen den Zielwert von 25 Prozent für die Gesamtbelastung jedoch erst in sieben Jahren ab 2032 erreichen. Es erscheint fraglich, ob dadurch die angestrebte Signalwirkung in Sachen steuerlicher Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland erreicht werden kann. Naheliegender wäre die von uns geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlags gewesen, der mittlerweile vor allem zu einer Unternehmenssteuer mutiert ist. Darauf konnte sich die Koalition jedoch nicht verständigen und auch der erhoffte Impuls des Bundesverfassungsgerichts blieb leider aus.
Steuerliche Klarstellung: Ladeinfrastruktur leasingfähig
Uneingeschränkt positiv ist zu bewerten, dass die vom BDL geforderte Anhebung der Bruttopreisgrenze bei der ermäßigten Dienstwagensteuer auf 100.000 Euro bereits umgesetzt wurde. Und mit der vereinbarten Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos bis 2035 greift der Koalitionsvertrag ein weiteres Petitum des BDL aus dem Bereich der E-Mobilität auf. Vom ebenfalls angekündigten beschleunigten Ausbau der Ladeinfrastruktur kann Leasing dank der vom BDL erreichten Klarstellung der steuerlichen Leasing-Fähigkeit von Ladevorrichtungen profitieren. Gleiches gilt für die Förderung einer Wasserstoff-Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge.
Koalition plant Änderungen bei Unternehmensbesteuerung und Gewerbesteuer
Eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags hätte auch Personenunternehmen sofort entlastet, die nicht von einer Körperschaftsteuersenkung profitieren. Stattdessen planen die Koalitionsparteien im Sinne einer rechtsformneutralen Besteuerung Anpassungen beim Optionsmodell (§ 1a KStG) und eine stufenweise Absenkung des Thesaurierungssteuersatzes (§ 34a EStG) auf 25 Prozent bis 2032. Zudem soll ab 2027 geprüft werden, ob gewerbliche Einkünfte neu gegründeter Firmen unabhängig von der Rechtsform unter die Körperschaftsteuer fallen können. Die für die Mitte der Legislaturperiode angekündigte Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen wird im Unternehmensbereich voraussichtlich keine größere Anreizwirkung entfalten.
Bei der Gewerbesteuer zeichnen sich keine Entlastungen ab. Vielmehr heißt es im Abschnitt zu den Kommunalfinanzen, dass im Falle einer Reform die Einnahmen der Kommunen gesichert bleiben sollen. Konkrete Änderungen sind beim Mindesthebesatz vorgesehen, der von 200 auf 280 Prozent steigen soll. Zudem will die Koalition verhindern, dass Unternehmen durch Scheinsitzverlagerungen in sogenannte Gewerbesteuer-Oasen Vorteile erzielen.
In der Europapolitik kündigt die Bundesregierung an, sich für eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer einzusetzen. Grundlage dafür ist der Richtlinienentwurf der EU-Kommission („BEFIT“), den der BDL ablehnt. Dr. Vosseler betont dazu: „Wir teilen zwar Ziele wie Steuervereinfachung, Rechtssicherheit und Reduzierung der Befolgungskosten, halten jedoch BEFIT im Detail für ungeeignet. Grundsätzlich sollten die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern verteidigt und nationale Unterschiede in den Steuersystemen respektiert werden."
Ambitionierte Bürokratieabbau-Ziele

Wie jede neue Bundesregierung verspricht auch die schwarz-rote Koalition Bürokratieabbau.
Dr. Bettina Maaß, Vorsitzende des Bilanz- und Steuerausschusses des BDL, erläutert:
Konkret sollen die Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 Prozent – rund 16 Milliarden Euro – reduziert und darüber hinaus der Erfüllungsaufwand für Unternehmen, Bürger und Verwaltung um mindestens 10 Milliarden Euro gesenkt werden. Jedes Ressort ist dafür selbst entsprechend seinem quotalen Verursachungsbeitrag verantwortlich. Das klingt durchaus ambitioniert. Wir werden die neue Bundesregierung daran messen, wie engagiert sie das Thema in der gesetzgeberischen und administrativen Praxis angeht. Ein Durchbruch auf dem wichtigen Feld des Bürokratieabbaus wäre jedenfalls sehr zu wünschen.
Fazit: verhalten positiv
Zusammenfassend zieht BDL-Geschäftsführer Dr. Vosseler ein verhalten positives Fazit zur Steuerpolitik der neuen Regierungskoalition: „Im steuerpolitischen Teil des Koalitionsvertrags sehen wir Licht und Schatten. Wichtig ist, dass die neue Bundesregierung ohne Steuererhöhungen auskommt. Mit dem in Rekordzeit verabschiedeten Investitionssofortprogramm werden längst überfällige Konjunkturimpulse gesetzt. Bei der Absenkung der Unternehmenssteuerbelastung hätten wir uns jedoch ein beherzteres Vorgehen gewünscht. Und die Förderung des Markthochlaufs der Elektromobilität bedarf dringend einer zielgenauen Nachbesserung unter Einbeziehung des Leasing. Sorgenkind bleibt weiterhin die ebenso reformbedürftige wie reformresistente Gewerbesteuer. Als BDL werden wir die Koalition bei der Umsetzung ihrer Vorhaben ebenso konstruktiv wie kritisch begleiten.“
Stand: Juli 2025