- Leasing-Wirtschaft finanzierte 2023 Investitionen für 85,6 Milliarden Euro (+ 22,6 Prozent)
- Pkw-Leasing: Starkes Wachstum getrieben von E-Mobilität und Auftragsabbau nach Lieferengpässen im Vorjahr
- BDL kritisiert bürokratische Investitionshürden, fehlende Planungssicherheit und mangelnde Verlässlichkeit staatlicher Förderpolitik
- Investitionsdefizit in Deutschland gefährdet nachhaltige und digitale Transformation der deutschen Wirtschaft
Die Leasing-Wirtschaft ist 2023 deutlich gewachsen. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten finanzierte die Branche für mehr als 85 Milliarden Euro in Deutschland Investitionen in Maschinen, Fahrzeuge, IT-Equipment, Infrastruktur und andere Wirtschaftsgüter. Das Neugeschäftsvolumen, basierend auf einer Hochrechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), entspricht einer Steigerung von 22,6 Prozent gegenüber 2022. Neben einer gestiegenen Nachfrage resultierte der starke Zuwachs aus Nachholeffekten aufgrund von Lieferverzögerungen aus dem Vorjahr sowie aus Preissteigerungen. „Auch unter Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren können wir mit der Neugeschäftsentwicklung mehr als zufrieden sein“, erklärt Kai Ostermann, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL). „Die Leasing-Branche ist verlässlicher Partner der Unternehmen in schwierigen Zeiten.“ Dennoch werde in Deutschland angesichts der Herausforderungen der Transformation zu wenig investiert.
„Trotz unserer guten Marktzahlen können wir mit der gesamtwirtschaftlichen Investitionsentwicklung nicht zufrieden sein“, kritisiert Ostermann. Seit 2019 hat sich ein Investitionsdefizit angesammelt, das Prof. Dr. Michael Grömling vom IW Köln auf insgesamt 155 Milliarden Euro beziffert. „Eine Erholung der Investitionen ist angesichts der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und der notwendigen Transformation dringend erforderlich“, erklärt der Leiter des Kompetenzclusters Makroökonomie und Konjunktur. Jedoch zeigt die aktuelle IW-Umfrage bei 47 Wirtschaftsverbänden, dass auch für das laufende Jahr keine Verbesserung in Sicht ist. „Im Gegenteil: Die Umfrage signalisiert eher einen Rückgang der Investitionstätigkeit in Deutschland“, führt Grömling aus.
Leasing ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Transformation
„Wir brauchen einen Investitionsschub in Deutschland, denn Investitionen in neue Technologien sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation der Wirtschaft. Leasing ist dabei ein Motor für Investitionen und Innovationen“, erklärt BDL-Präsident Ostermann. Als Beispiele führt er die Mobilitäts- und Energiewende an: „Wir bringen Elektromobilität, die entsprechende Ladeinfrastruktur und Fahrräder auf die Straße. Leasing-Gesellschaften unterstützen den Ausbau des ÖPNV und finanzieren klimafreundliche Schienenfahrzeuge.“ Die Branche finanziert auch Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien und begleitet die Energiewende. Das Geschäft mit Photovoltaik- und Biomasse-Anlagen, Windparks etc. wächst seit Jahren und verzeichnete 2023 ein Plus von 23 Prozent.
Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Verstärkt beraten Leasing-Gesellschaften ihre Kunden bei der Auswahl nachhaltiger Güter, bei Investitionen in die Digitalisierung oder der Einbeziehung von Fördermitteln. „Unsere Branche ist ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Umgestaltung der deutschen Wirtschaft“, erklärt der Präsident. „Wir könnten noch mehr tun, wenn Hürden beseitigt und wirksame Investitionsanreize geschaffen werden.“
Staatliche Regulierung setzt Fehlanreize
„Jedoch setzt die Regulierung eher Fehlanreize,“ ergänzt Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des BDL. Die EU-Taxonomie soll Orientierung geben, welche Investitionen und Wirtschaftsaktivitäten nachhaltig sind, doch behindere ihre Schwarz-Weiß-Logik, dass Übergangsinvestitionen finanziert werden. „Die Transformation der Wirtschaft ist ein Prozess und funktioniert nicht auf Hau-Ruck-Kommando“, führt sie aus.
Förderprogramme: Bestehende Finanzierungsvielfalt abbilden
Für einen schnellen Markthochlauf nachhaltiger Güter sind Fördermaßnahmen entscheidend, das hat die Umweltprämie für Elektroautos gezeigt. „Wenn der Markt die Umgestaltung nicht in der gewünschten Geschwindigkeit schafft, kann eine kluge Förderpolitik den Strukturwandel gezielt beschleunigen“, erklärt die Hauptgeschäftsführerin. „In den Förderbedingungen hält die Politik häufig am Eigentums- statt am Nutzungsprinzip fest, was Leasing ausbremst.“ Der deutsche Mittelstand nutzt eine Vielfalt an Finanzierungsformen. Förderprogramme sollten daher dem Prinzip zweckgebundener Nutzung folgen und alle Finanzierungsarten berücksichtigen. „Um die Transformation zu finanzieren und zu bewältigen, werden alle Kräfte gebraucht.“
Stopp des Nutzfahrzeuge-Förderprogramms gefährdet Klimaziele im Transportsektor
Gut integriert war Leasing im Förderprogramm KsNI, das Nutzfahrzeuge mit alternativen, klimaschonenden Antrieben sowie die dazugehörige Tank- und Ladeinfrastruktur förderte. Das Programm galt als Schlüsselinstrument für die Antriebswende im Lkw-Sektor und fand eine gute Resonanz. Die Förderung – zuletzt 2022 bis Ende 2026 verlängert – wurde nun von der Bundesregierung aufgrund der Haushaltssituation kurzerhand eingestellt. „Die Streichung kommt zu Unzeiten“, kritisiert Conen. Aufgrund der Änderung des Mautgesetzes waren viele Unternehmen bereit, auf Lkws mit alternativen Antrieben umzusteigen. Zudem sind Hersteller dieses Jahr erstmals in der Lage, entsprechende Modelle in ausreichender Stückzahl zu liefern. „Nun verzögern sich geplante Vorhaben oder werden abgesagt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen können sich den Umstieg weg vom Diesel ohne Fördermittel nicht leisten.“ Batterieelektrische Alternativen sind im Vergleich zu Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren etwa 2,5- bis 3-mal so teuer. „Hinzu kommt die Ladeinfrastruktur für Lkws, die Unternehmen mehrere 100.000 Euro kosten kann. Enorme Summen, nur damit die Lkws morgens vom Hof rollen können.“
BDL fordert Wiederaufnahme der Förderung umweltfreundlicher Nutzfahrzeuge und Ladeinfrastruktur
Dr. Conen appelliert: „Unternehmen brauchen Planungssicherheit und Vertrauen, beides ist durch die Streichung des KsNI-Programms weggebrochen. Wenn die Politik die Klimaziele beim Güterverkehr noch erreichen will, müssen Lkws und Ladeinfrastruktur wieder gefördert werden. Zudem gilt es, Tempo beim Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur zu machen.“
Entwicklung der Objektgruppen
Treiber des Wachstums der Leasing-Branche im vergangenen Jahr war das Fahrzeugleasing, das fast zwei Drittel des Neugeschäftsvolumens ausmacht. „Im Automarkt war der Auftragsstau durch lange Lieferzeiten besonders stark und konnte 2023 abgebaut werden“, führt BDL-Präsident Ostermann aus. Das Pkw-Neugeschäft stieg um 23 Prozent. Der Marktanteil an den Neuzulassungen wurde ausgebaut: Jeder zweite neu zugelassene Pkw war 2023 ein Leasing-Fahrzeug.
Um 14 Prozent steigerte sich das Neugeschäftsvolumen im zweitstärksten Leasing-Segment Busse, Lkw, Hänger und Transporter. Weiterhin boomt das Neugeschäft mit Fahrrädern und E-Rollern. Es wuchs im vergangenen Jahr um 24 Prozent. „Leasing bringt die Menschen aufs Rad. In den vergangenen zwei Jahren wurden fast 1,5 Millionen Leasing-Räder angeschafft“, erklärt Ostermann.
Die wirtschaftlich herausfordernde Lage spiegelte sich in zwei Leasing-Segmenten wider: Während die Auftragsbilanz des Maschinen- und Anlagenbaus laut Branchenverbandes VDMA 2023 ein Minus von 11 Prozent im Inland verzeichnete, stagnierte das Leasing-Neugeschäft mit Produktionsmaschinen.
Das Neugeschäft mit IT, Software und Cloud-Anwendungen wuchs unterdurchschnittlich (+ 3,6 Prozent). „Hier zeigt sich die konjunkturelle Unsicherheit, denn IT-Investitionen werden in unsicheren Zeiten als erstes zurückgestellt“, erläutert Ostermann. Jedoch sei diese Entwicklung fatal angesichts der notwendigen Investitionen in die Digitalisierung.